„The Florida Project“ von Sean Baker ist ein bewegendes Sozialdrama, das mit leiser Kraft und farbenfroher Bildsprache die Schattenseiten des amerikanischen Traums offenlegt. Im Mittelpunkt stehen Kinder, die in prekären Verhältnissen aufwachsen, aber trotz aller Widrigkeiten Momente voller Unschuld, Freiheit und Lebensfreude erleben.
Ein Motel als Zuhause
Der Film spielt in einem billigen Motel namens „The Magic Castle“ unweit von Disney World in Orlando, Florida. Hier lebt die sechsjährige Moonee mit ihrer jungen Mutter Halley. Das Motel dient als Zufluchtsort für Menschen, die sich keine feste Wohnung leisten können – ein Ort, der außerhalb der touristischen Traumwelt existiert und doch geografisch so nah daran liegt.
Moonee verbringt den Sommer mit ihren Freunden Scooty und Jancey. Gemeinsam streifen sie durch das Gebiet rund um das Motel, erkunden verlassene Gebäude, provozieren Erwachsene und genießen ihre Tage voller kindlicher Neugier und Abenteuerlust. Für sie ist das Leben ein Spiel, auch wenn die Realität drumherum oft hart ist.
Ein feinfühliger Blick auf Armut und Ausgrenzung
Während Moonees Tage von Lachen und Streichen geprägt sind, zeigt sich im Hintergrund die soziale Not, in der sie und ihre Mutter leben. Halley schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, verkauft Parfüms an Touristen oder tauscht Essensgutscheine. Ihre aufbrausende Art und das instabile Umfeld führen immer wieder zu Spannungen – nicht zuletzt mit dem Motelmanager Bobby, der versucht, mitfühlend und pragmatisch zu helfen, wo er kann.
Sean Baker gelingt es, die Sichtweise der Kinder in den Vordergrund zu stellen, ohne das soziale Elend zu beschönigen. Der Kontrast zwischen der knallbunten Fassade der Motels und Freizeitparks und dem prekären Alltag ihrer Bewohner wirkt dabei doppelt intensiv. Besonders eindrucksvoll: Die Kamera bleibt oft auf Augenhöhe der Kinder – was der Geschichte eine ungefilterte, authentische Perspektive verleiht.
Ein Film über Resilienz und Menschlichkeit
„The Florida Project“ ist kein klassisches Sozialdrama. Es geht weniger um Anklage, sondern um Beobachtung – und um die Frage, wie viel Lebensfreude in der kindlichen Perspektive stecken kann, selbst unter schwierigsten Bedingungen. Die schauspielerischen Leistungen sind bemerkenswert, insbesondere von Brooklynn Prince als Moonee, die eine außergewöhnliche Natürlichkeit mitbringt.
Willem Dafoe brilliert in einer für ihn ungewöhnlich stillen Rolle als Motelmanager Bobby. Er ist eine Figur voller Widersprüche – hart, wenn nötig, aber auch voller Mitgefühl und Verantwortung. In seiner stillen Präsenz spiegelt sich eine Form von Menschlichkeit, die im System kaum Platz hat, aber im Alltag den Unterschied macht.
Darsteller und Produktionsdaten
Regie: Sean Baker
Drehbuch: Sean Baker, Chris Bergoch
Hauptdarsteller: Brooklynn Prince (Moonee), Bria Vinaite (Halley), Willem Dafoe (Bobby), Valeria Cotto (Jancey), Christopher Rivera (Scooty)
Kamera: Alexis Zabe
Musik: Lorne Balfe
Produktionsland: USA
Jahr: 2017
Genre: Drama
Laufzeit: ca. 111 Minuten
Sprache: Englisch
Uraufführung: Cannes Filmfestival 2017