Céline Sciammas Film „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ zählt zu den eindrucksvollsten Liebesdramen des modernen europäischen Kinos. Die Geschichte zweier Frauen, die sich fernab der Gesellschaft ineinander verlieben, wird in kunstvoll komponierten Bildern erzählt – zurückhaltend, präzise und zutiefst bewegend.
Ein Auftrag, der zur Herzensangelegenheit wird
Im Frankreich des späten 18. Jahrhunderts wird die Malerin Marianne auf eine abgelegene Insel gerufen. Ihr Auftrag: ein Hochzeitsbild von Héloïse anzufertigen, einer jungen Adeligen, die sich weigert, Modell zu sitzen. Marianne soll sie heimlich porträtieren, indem sie sich als Begleiterin ausgibt und sie tagsüber beobachtet.
Zwischen den beiden Frauen entsteht zunächst eine zaghafte Vertrautheit, die sich bald in leidenschaftliche Liebe verwandelt. In einer Welt, in der ihr Zusammensein keine Zukunft hat, wird jeder Blick, jede Berührung bedeutungsvoll. Der Akt des Porträtierens wird zum Symbol einer Beziehung, die für immer nachhallen wird.
Lautlose Nähe und visuelle Eleganz
Der Film lebt von der Stille – von Blicken, Gesten und Momenten des Innehaltens. Die Kamera von Claire Mathon fängt die Figuren wie in Gemälden ein, jede Einstellung wirkt bewusst gestaltet und voller Atmosphäre. Die Beziehung zwischen Marianne und Héloïse entwickelt sich langsam, beinahe flüsternd, und gewinnt gerade dadurch eine ungeheure Intensität.
Die Dialoge sind sparsam, dafür spricht die Körpersprache Bände. Sciammas Inszenierung ist frei von Klischees und melodramatischer Überzeichnung. Stattdessen erleben wir eine präzise erzählte Geschichte über weibliches Begehren, kreative Freiheit und die Kraft der Erinnerung.
Kunst und Weiblichkeit als Widerstand
„Porträt einer jungen Frau in Flammen“ ist auch ein zutiefst feministischer Film. Es geht nicht nur um Liebe, sondern auch um das Sehen und Gesehenwerden – und darum, wer die Kontrolle über das Bild hat. Marianne ist nicht nur Malerin, sondern Beobachterin und Gestalterin. Ihr Blick verleiht Héloïse Tiefe, Selbstbewusstsein und Präsenz, jenseits der patriarchalen Konventionen.
Die Abwesenheit männlicher Figuren schafft Raum für weibliche Perspektiven, für eine Welt der Solidarität und des stillen Widerstands. Der Film reflektiert über Rollenbilder, künstlerische Autonomie und über das, was von der Liebe bleibt: ein inneres Bild, ein loderndes Feuer, das nicht erlischt.
Darsteller und Produktionsdaten
- Regie und Drehbuch: Céline Sciamma
- Hauptdarstellerinnen: Noémie Merlant (Marianne), Adèle Haenel (Héloïse)
- Weitere Rollen: Luàna Bajrami (Sophie), Valeria Golino (Comtesse)
- Kamera: Claire Mathon
- Musik: Keine Filmmusik, außer Vivaldis „Sommer“ (Schlüsselszene)
- Produktionsfirma: Lilies Films
- Produktionsland: Frankreich
- Jahr: 2019
- Genre: Historienfilm, Liebesdrama
- Laufzeit: ca. 121 Minuten
- Sprache: Französisch (mit Untertiteln)